27.03.2024
Ist die klassische Investitionsrechnung noch zeitgemäss? Blockieren geplante Pay-Back-Zeiträume technische Innovationen und dynamische Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt? (Im englischen Ausgangstext stand wohl «EVOLUTION? Gibt es Alternativen?
Die
klassischen Investitionsrechnung basiert auf sehr vielen Annahmen, was einzelne
Grössen wie Nutzungsdauer, Zinssätze, Betriebskosten oder Wert am Ende der
Nutzungsdauer angeht. Je länger die Nutzungsdauer für eine Investition
angenommen wird, umso ungenauer werden all diese Annahmen. Bei der Berechnung
von verschiedenen Investitionsvarianten gilt der Grundsatz, dass mit solch «vagen»
Annahmen gerechnet werden kann; es muss einfach bei allen Investitionsvarianten
mit denselben Fehlannahmen gerechnet werden.
In
Entscheidungsgremien wie im Verwaltungsrat oder in der Geschäftsleitung wird
oft und ausführlich über die Höhe des Investitionskapitals debattiert. Wie die obenstehende Grafik zeigt , ist die Höhe der
Investitionssumme aber nur für ca. 5-15 % (für Zinsen und Abschreibungen) der Lebensdauer-Vollkosten
einer Investition verantwortlich.
Die entscheidende Kostengrösse sind die jährlich wiederkehrenden Betriebskosten
(Miete, Löhne, Energie, Reinigung, Logistik usw.), welche äusserst schwierig zu bestimmen sind, je länger die
Nutzungsdauer einer Investition geschätzt wird.
Der Liquidationswert am Ende einer
langen (> 10 Jahre) Nutzungsdauer einer Investition ist sehr schwer zu bestimmen. Der Liquidationswert kann bei
Entsorgungen schnell exorbitante Kosten verursachen (man denke an ein. Jod-Bad
bei einer Verzinkerei) oder einen hohen Wiederverkaufswert (zum Beispiel für
seltene Oldtimer) einbringen.
In der Praxis wird oft ein Liquidationswert von CHF 0.— angenommen dies mit der Begründung, dass ein über 40 Jahre diskontierter Liquidationswert bei einem Zins von beispielsweise. 8% fast keine Auswirkung (diskontierter Barwert) auf den Investitionsentschied von heute hat.
Der Liquidationswert kann sich im Laufe der Zeit stark ändern. Wenn Entscheidungsträger an die nächsten Generationen denken würden, müssten sie alles unternehmen, um Entsorgungskosten der Investition zu vermeiden und sicherzustellen, dass sich am Ende der Nutzungsdauer ein positiver Verkaufswert ergibt, denn sonst müssen die Nachfolger bzw. die folgenden Generationen den Grossteil der Entsorgungskosten tragen.
Pay – back – Dauer / Amortisationsrechnung = Kapital-Einsatz
= Barwerte der zukünftigen Cashflows*
*Zukünftige diskontierte(abgezinste) liquiditätswirksame
Rückflüsse (Cash Flows) der Investition
Die Pay-back-Dauer
ist eine kritische Grösse für Unternehmen. Muss eine Investition vor dem
Erreichen der berechneten Pay-Back-Dauer vom Markt genommen werden, zum
Beispiel aufgrund von neuen Regulatoren (?) Regelungen, Marktveränderungen,
Konkurrenzsituationen usw., kann dies für die Unternehmung grosse Verluste nach
sich ziehen.
Beispiel – Investitionen in europäischen Giga-Factories zur Herstellung von
Lithium-Batterien
Für die entstandenen und geplanten 40 Giga-Factories in Europa zur Herstellung von Lithium-Batterien wurden über 80 Mrd. CHF investiert. Die Pay-Back-Dauer dieser Investitionen wird auf 8-12 Jahre geschätzt. Aufgrund dieser Tatsachen kann davon ausgegangen werden, dass in den entsprechenden Ländern, zumindest während dieser berechneten Pay-Back-Dauer, kaum weitere Technologien zugelassen werden, dennsonst müssten die Investoren dieser Gigafabriken mit enormen Verlusten rechnen und die Länder mit einer hohen Anzahl von Arbeitslosen.
So werden
Ersatztechnologien für die Speicherung von Energie herausgezögert oder
verschwinden sogar ganz vom Markt - was dazu führt, dass der Fortschritt
gebremst wird.
Weitere Aspekte - die technische
Risikobeurteilung dieser genannten Investitionen (Two-thirds of European battery production atrisk – analysis (transportenvironment.org), der Fussabdruck, die Arbeitsbedingungen bei der Gewinnung der Rohstoffe, die benötigte Logistik, die Entsorgung usw. - wurden weder von den
Investoren noch von den politischen-Gremien ernsthaft geprüft.
Damit die Betriebskosten einer Investition einerseits tief
gehalten werden können und andererseits der Wiederverkaufswert in der Zukunft hoch
bleibt, müssen Investitionen folgende zentrale Kriterien erfüllen:
Energie-Effizienz, Energie-(Rück)-Gewinnung), kreislauffähige Produkte,
Modularität, Standardisierung, Licht-Effizienz, keine Giftstoffe in den
Rohstoffen, wiederverwertbare Rohstoffe bzw. Produktteile, Remote-Service,
Logistik-Effizienz, Reparierbarkeit usw.
Dies bedeutet, dass in der nahen Zukunft enorm viele Innovationen nötig sein werden, um als Unternehmung bzw. als
Volkwirtschaft nicht von den steigenden Energie-, Rohstoff- und Abhängigkeitskosten
erdrückt zu werden.
Ein weitere sinnvolle Handlungsalternative um all die genannten Annahmen rund um eine
Investition zu vermeiden - könnte darin bestehen, Rechte an den verschiedenen Nutzungen
einer
Investition (zum Beispiel: 3 Tage Krankleistung, 30 Meter Höhe, 5 Tonnen
Tragkraft) zu erwerben. Das Angebot an Nutzungsrechten nimmt laufend zu: Man
denke zum Beispiel an. Hilti (Werkzeuge für Profihandwerker) oder Liebherr (Baumaschinen)
oder Bizerba (Wagen). Der entscheidende Vorteilbei den Nutzungsrechten ist, dass
es praktisch keine Annahmen mehr zu treffen gibt, was die Kosten betrifft, da
genau bekannt ist, was ein Nutzungstag, eine Nutzungsstunde oder eine Nutzungswägung
kostet.
Autor: Prof. Olaf Holstein – Unternehmer-Projekt-Plattform next-generations.ch
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