12.07.2022
Für die Kinder und ihre Eltern bedeutet der Übergang vom Kindergarten in die Schule die Ablösung von vertrauten Menschen und Strukturen. Wie können wir Ihr Kind beim Übergang und beim Lernprozess unterstützen?
Der Lehrplan 21 fasst die zwei Kindergartenjahre und die ersten beiden Schuljahre
im 1. Zyklus zusammen. Zu Beginn des 1. Zyklus wird der Unterricht überwiegend fächerübergreifend und spielerisch gestaltet.
Für die Kinder und ihre Eltern bedeutet dies beim Übergang vom Kindergarten in die Schule die Ablösung von vertrauten Menschen und Strukturen. Für Kinder ist der Eintritt in die Schule mit einer grossen Veränderung ihres Alltags verbunden und muss deshalb mit grosser Sorgfalt bewusst gestaltet werden.
Der Schulanfang, also die ersten Tage und Wochen in der für die Kinder neuen Klasse, ist ein entscheidender Abschnitt im Leben der Schülerinnen und Schüler. Das Selbstbild und die Identität wandeln sich vom Kindergartenkind zum Schulkind bzw. von Kindergarteneltern zu Schuleltern. Dabei passen sich die Kinder und die Eltern an das neue und eventuell unbekannte Umfeld der Schule an. Die erfolgreiche Übernahme der Schülerinnen- bzw. Schülerrolle hat eine nachhaltige Wirkung auf den Schulerfolg. Andererseits fordert die Begleitung der Kinder im Übergang vom Kindergarten in die Primarschule auch die Familien/Eltern, die Kindergartenlehrpersonen, die Lehrpersonen der 1. Klasse und weitere Fachlehrpersonen sowie die gesamte Schule.
Die Kinder werden mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen auf der individuellen Ebene, der Beziehungsebene und der Ebene des Lebensumfeldes bewusst wahrgenommen. Sie werden in ihrem Entwicklungsprozess vom Kindergartenkind zum Schulkind umsichtig begleitet und mit geeigneten Massnahmen auf die Anforderungen der 1. Klasse vorbereitet. Der Kindergartenalltag und der Schulalltag weisen bedeutende Differenzen auf. Während im Kindergartenalltag meist das Freispiel und ein offener Stundenplan vorzufinden sind, bei dem die Schülerinnen und Schüler spielerisch lernen und sich nach ihren Bedürfnissen beschäftigen können, zeigt der schulische Alltag auch heute noch einen mit Lektionen geregelten Stundenplan, der wenig Raum für das Freispiel bietet.
Ich arbeite mit Ansätzen des Churer Modells. Dies bedeutet, dass unser Klassenzimmer mit unterschiedlichen Arbeitsplätzen ausgerüstet ist. Wir haben Einzel-, Partner- und Gruppenarbeitsplätze sowie einen bewegten Arbeitsplatz. Die Kinder haben keine fixen Arbeitsplätze, sie dürfen diesen jeden Tag selbst auswählen.
Das Ziel ist es, ein gutes individuelles Setting zu finden, in dem zielorientiert und effizient gelernt werden kann. Die Lehrperson beobachtet und unterstützt die Schülerinnen und Schüler in diesem Prozess. Der Kreis ist der zentrale Ort im Klassenzimmer. Im Kreis werden Rituale, Inputs und Lernaufgaben gemeinsam erarbeitet. Dieses Modell ermöglicht den Kindern Struktur, Selbständigkeit und Differenzierung. Dabei kann das Kind selbst entscheiden, wann es den Kreis verlassen und die Aufgaben lösen möchte.
Ich setze viel Wert auf einen bewegten, spielerischen und handlungsorientierten Unterricht. Kinder brauchen viel Bewegung. Bewegtes Lernen ermöglicht es Kindern, einen neuen Zugang zu Lerninhalten zu finden. Dadurch steigen ihre Motivation und Konzentration. Das spielerische Lernen unterstützt ebenfalls den Kompetenzerwerb der Kinder und fördert zudem ihre kognitive, soziale, emotionale, motorische und kreative Entwicklung. Mein Unterricht ermöglicht den Kindern einen lernförderlichen Übergang in die 1. Klasse. Mir ist wichtig, dass sich die Kinder im Unterricht wohlfühlen und ich sie in ihrem Lernprozess begleiten und unterstützen kann.
Die Kinder treffen ab 7.00 Uhr in der Schule ein. Einige essen in der Frühbetreuung noch das Frühstück. Spätestens um 8.00 Uhr sind alle Kinder da. Die Schulranzen werden jeweils in der Garderobe deponiert. Dann bringen die Kinder ihr Kontaktheft zu mir an das Lehrerpult. Im Kontaktheft können Eltern mit den Lehrpersonen kommunizieren. So ist ein stetiger Austausch garantiert, welcher für die Entwicklung des Kindes notwendig ist. Um 8.10 Uhr klingelt die Glocke zum Schulbeginn.
Jede Lektion beginnt im Kreis. Hier geschehen Einführungen, Wiederholungen und Vertiefungen. Im Input werden die Lernaufgaben vorgestellt, welche anschliessend gelöst werden können. Der Input wird kurzgehalten, um Lernzeit für die Schülerinnen und Schüler zu gewinnen, in welcher sie begleitet und beraten werden. Die Kinder dürfen jederzeit zurück in den Kreis kommen, falls sie die Lernaufgabe noch nicht verstanden haben. Ich setze viel Wert auf Selbständigkeit. Deshalb ist es mir wichtig, dass die Kinder lernen, selbst ein Problem anzugehen. Ich begleite und unterstütze sie während des Unterrichts dabei.
Während des Unterrichts werden kurze Bewegungspausen durchgeführt, damit die Kinder sich besser konzentrieren können. Auch dürfen die Kinder bei Konzentrationsschwierigkeiten selbstständig kurze Bewegungspausen festlegen.
Kinder, die fertig sind mit einer Lernaufgabe, können selbstständig aus unserem Spiel- und Lernangebot etwas auswählen und dies am selbst gewählten Platz bearbeiten. Die Inhalte werden passend zum Thema gestaltet und ausgewechselt.
Die weiteren Lektionen des Tages laufen ähnlich ab.
Seit August 2021 arbeite ich nun mit diesem Konzept. Es kristallisieren sich folgende Vorteile heraus:
Der Übergang vom Kindergarten in die 1. Klasse ist äusserst wichtig für die Schullaufbahn. Übergänge begleiten uns von Geburt an bis ans Ende unseres Lebens. Mit jedem neuen Lebensabschnitt erleben wir einen neuen Übergang, der uns entweder gelingt, uns Mühe bereitet oder misslingt. Wie wir in unserem Erwachsenenleben mit Übergängen und neuen Herausforderungen umgehen, hängt stark davon ab, welche Erfahrungen wir im Kindesalter gemacht haben. Gelungene Übergänge stärken die Selbständigkeit und die Strategien in Bezug auf verändernde Lebenssituationen der Kinder. Als Lehrperson hat man die Verantwortung, den Übergang in eine nächste Stufe, wie es die 1. Klasse besonders einschneidend darstellt, zu begleiten und die Lernenden und ihre Bezugspersonen in diesem Prozess zu unterstützen.
Mit dieser Vorgehensweise ist es meiner Meinung nach einfacher für die Schülerinnen und Schüler. Die kleinen Klassen und meine Klassenführung ermöglichen es mir, individuell auf das einzelne Kind einzugehen. Ich freue mich darauf, Ihr Kind beim Übergang und beim Lernprozess zu unterstützen!
Autorin: Elena Zaugg, Lehrerin Primarstufe
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